Wie das Geschrei wegen dem Passivrauch masslos übertrieben ist, so auch wegen Uebergewicht
Präventionitis
statt Prävention
Der Unmut des Kantonsrates über die
Präventionskampagne «Leichter leben»
ist mehr als berechtigt (NZZ 26. 1. 10).
Die Kampagne ist eine geschmacklose
Geldvernichtungsmaschine, finanziert
mit Zwangsbeiträgen aus Krankenkassenprämien.
Prävention ist wichtig, Präventionitis
ist kontraproduktiv. Mit Prävention
hat die Kampagne wenig zu tun,
da nützt auch der Hinweis auf die
Federführung durch das Institut für Präventivmedizin
nichts. 900 Millionen
Franken sollen uns die verantwortungslosen
Übergewichtigen kosten, wird
kühn behauptet.
Mit den Übergewichtigen beziehungsweise
mit ihrem schlechten Gewissen
macht nicht nur die Nahrungsmittelindustrie
fette Profite, auch Gesundheitsökonomen
und Gesundheitsförderer
sichern sie offensichtlich Einkommen.
Gegen jede Vernunft: «Interessanterweise
waren für Männer und
Frauen Lebenserwartung und behinderungsfreie
Lebenszeit bei einem Body-
Mass–Index (BMI) zwischen 25 und 30
(= Übergewicht) am längsten», steht
zum Beispiel in einer Studie von 2007 in
den «Archives of Internal Medicine».
2006 publizierte der «Lancet» eine Review:
Übergewichtige (BMI 25–29,9)
hatten das niedrigste Sterberisiko (alle
Ursachen oder nur Herz-Kreislauf-
Krankheiten). 2008 ist in einer Untersuchung
im «American Journal of Cardiology
» von einem «Adipositas-Paradoxon
» die Rede: Die Mortalitätsrate
bei Herz-Kreislauf-Krankheiten war bei
höherem BMI geringer. Die Liste liesse
sich fortsetzen.
Die Kampagne «Leichter leben» ist
wissenschaftlich nicht fundiert und diskriminierend.
Pikanterweise findet sich
in der Broschüre der Gesundheitsförderung
Zürich vom Dezember 2009 eine
Grafik, die anschaulich zeigt, dass im
Kanton Zürich seit 1997 bei Männern
der Anteil Übergewichtiger stabil, bei
Frauen sogar rückläufig ist. In der Begründung
für die Kampagne «Leichter
leben» auf der folgenden Seite steht
dann: «Wissen die Zürcherinnen und
Zürcher, dass Übergewicht in den vergangenen
Jahren massiv zugenommen
hat?» Wider besseres Wissen wird Zürich
also mit Plakaten verunstaltet, auf
denen Unsinn wie dieser zu lesen ist:
«Die Bevölkerung des Kantons Zürich
nimmt zu. Auch in Kilos.»
Dr. med. Jürg Kuoni, Zürich
Leserbrief NZZ
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